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Peking, wir haben uns in dich verliebt!


Peking war erschlagend. Der Bahnhof spuckte uns und einen Haufen anderer Menschen auf den grosszügigen Bahnhofsplatz aus. Unzählige Reisende überquerten hektisch und von jeder Richtung her den Platz, verschwanden in einem der vielen mit Neonreklamen verhängten Eingängen oder warteten mit ihren zig Gepäckstücken, umgeben von ihrer Familie oder auf einer dünnen Matratze am Boden schlafend, mitten auf dem Platz. Die Luft war feucht und warm, der Lärm erdrückend, überall wurde gesprochen, geschrien und chinesische Durchsagen steigerten den Lärmpegel zusätzlich. 22 Millionen Einwohner - wir stellten uns erst mal hin und liessen das Ganze auf uns wirken. Es war genau so, wie wir es uns immer vorgestellt hatten. Chinesisch eben. Wir waren guter Stimmung und hofften, Geld und ein Metroticket organisieren zu können.

Es waren lediglich die allerwichtigsten Schilder wie „Exit“ oder „Tickets“ auf Englisch angeschrieben. Die Menschen selbst sprachen eher kein Englisch. Wir suchten gefühlt eine Stunde lang nach dem U-Bahneingang respektive nach einem Ticketschalter mit Personal. Letzteren haben wir nie gefunden. Ein fliegender Verkäufer (bestimmt Schwarzmarkt) hatte uns irgendwann wohl aus Mitleid eine Gratisstrecke spendiert. Erschwerend dazu kam, dass wir in China ohne chinesische Yuan ankamen und der einzige ATM weit und breit keine ausländischen Kreditkarten akzeptierte. An den Verkaufsständen konnte man nicht mit Karte, sondern nur mit den online Bezahlfunktionen WeChat Pay oder Alipay bezahlen. Beides besassen wir nicht. Erst in den Metro-Gängen nach der Ticketkontrolle fanden wir einen ATM und konnten Bargeld beziehen.

Die Metro brachte uns dann auch günstig, bequem und schnell in das nördliche Peking zum entspannten Beijing Drum Tower Youth Hostel, wo uns ein grosszügiges und freundliches Doppelzimmer erwartete.

Spätestens am Abend war uns klar: Wir lieben Peking. Vor allem Banana. Am meisten lieben wir Peking rund um den Trommel- und Glockenturm, wo die alten Hutong-Gassen noch von Einheimischen bewohnt werden und die Gemütlichkeit erst gegen den späteren Abend in die übliche Pekinger Hektik umschlägt. Die Lage des Hostels ist wirklich fantastisch. Zu Fuss waren wir noch am Nachmittag an den in der Nähe liegenden Shichhai-Seen, wo die langen Äste der unzähligen Trauerweiden weich im Wind wogen und der Sonnenuntergang die ganze Szenerie in total kitschiges Licht tauchte, bevor das Leben in den vielen Restaurants und Bars Einzug hielt. Auch sonst war Peking einfach wunderbar. Das Essen, die Gassen und das angenehm warme Wetter im April.

13. April 2019 – WeChat Pay und Company

Durch die langen Pekinger Strassen schlängelte sich ein nie enden wollender Strom an Autos, Bussen, Vans, kleineren und grössere Lastwagen, Mopeds und Velos. Die Velos gehörten dabei einer der drei verschiedenen Bike-Sharing-Firmen und waren entweder gelb, blau oder orange. Nur wer die online Bezahlfunktionen WeChat Pay oder Alipay besass, konnte die Velos entsperren und mieten. Wir nutzten dieses Velomietsystem bereits in Basel mit Pick-e-Bike. Gerne hätten wir auch ein Velo gemietet, es fehlte uns aber die Bezahlfunktion.

Unser Reiseführer verzeichnete drei Adressen, wo wir Velos bei einer Vermietfirma auf altmodische Weise ausleihen konnten. Wir klapperten alle Adressen ab; zwei Firmen wurden aufgelöst (wahrscheinlich wegen der billigeren Sharing-Konkurrenz) und eine Firma wollte ein horrendes Deposit, welches wir nicht zu bezahlen bereit waren. Wir gaben uns bereits geschlagen, als wir per Zufall einen kleinen Roller-/Velo-Händler entdeckten.

Wir verhandelten mit dem Besitzer (dank der Sprach-Übersetzungsapp) und konnten für 300 Yuan (ca. 44 CHF) ein e-Moped für drei Tage ausleihen. Mit dem e-Moped düsten wir dann durch die unzähligen Strassen von Peking und luden über Nacht im Hostelzimmer den Akku wieder auf (dieser war superschwach und hielt lediglich für 14 Kilometer - aber immerhin!). Es machte uns total viel Spass, da wir uns schnell bewegen konnten, etwas sahen und dennoch unabhängig unterwegs waren. Genau das, was wir suchten.

14. April 2019 – Die Verbotene Stadt

An einem Sonntag besuchten wir die Verbotene Stadt in Pekings Zentrum. Banana freute sich sehr auf diesen Besuch, denn sie hatte schon viel darüber gehört. In jedem China-Bericht wurde von der Stadt geschwärmt und ihr aktuelles E-Book „Die letzte Kaiserin Chinas“ machte einfach Lust darauf die Sehenswürdigkeit zu entdecken. Wir machten aber einen RIESENGROSSEN Fehler: Wir besuchten die Stadt an einem Wochenende.

Wie dumm konnten wir nur sein?!?

Es zeichnete sich schon im Eingangsbereich ab...

Man kann es keinem Besucher verübeln. Der Zugang für gewöhnliche Bürger ist erst seit 1949 erlaubt und die 72 Hektar grosse Palastanlage haut einem einfach um. Vielleicht fühlten wir uns durch diese Menschenmengen auch nur überfordert, weil wir in der Mongolei menschenleere Täler durchquerten. Schade war, dass der Zugang zum Inneren der Gebäude praktisch überall gesperrt war und wenn offen, dann konnte man lediglich von Aussen einen Blick ins Innere werfen – sofern man sich erfolgreich durch die ganzen Menschenmassen gekämpft hatte. Nichtsdestotrotz war der Besuch der Verbotenen Stadt eindrücklich.

15. April 2019 – Alter Sommerpalast

Am Tag danach gaben wir das e-Moped wieder zurück und wollten den alten und den neuen Sommerpalast besuchen. Es reichte uns zeitlich nur für den alten Sommerpalast. Die weitläufige Parkanlage umfasste grosse Seen und Überreste des eigentlichen Palastes. Die Anlage war riesig und wir waren etwas spät dran. Was uns aber zugutekam, denn wir konnten die Gärten teilweise komplett ungestört geniessen. Kurz nach dem Sonnenuntergang wussten wir nicht mehr genau, wo wir den Park verlassen mussten. Ein junger Chinese war sofort gewilligt uns zu helfen und er begleitete uns sogar bis in die Metro, wo er sicherstellte, dass wir ein Ticket lösen konnten. Während wir zu dritt nebeneinander hergingen, unterhielten wir uns über alles Mögliche. Er war Student und eigentlich nicht aus Peking. Seine Familie ist glücklich, dass er hier Elektrotechnik studieren kann. Er empfindet WeChat als bedenklich und fand, Pekings Parks sind zu oft von Menschenmassen überlaufen.

Für die Olympischen Sommerspiele 2008 wurde im nördlichen Peking auf einem 66 Hektar grossen Gebiet in der Nähe der Hauptwettkampfstätten ein olympisches Dorf für 16'000 Menschen errichtet. Es liegt geografisch auf einer Achse mit dem Tian’anmen-Platz und der Verbotenen Stadt. Konkret interessierte uns das Nationalstation mit ca. 80'000 Plätzen, welches für die Sommerspiele von den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron entworfen wurde. Wir kannten es bereits von vielen Fotos, dennoch war es eindrücklich die grösste Stahlkonstruktion der Welt mit eigenen Augen zu sehen. Die ineinandergreifenden Stahlteile lassen es leicht wirken und der Spitzname Vogelnest ist zutreffend.

Für unseren vorletzten Tag in Peking, einen Dienstag, hatten wir uns das Beste aufgespart: die Grosse Mauer bei Jingshaling. Da wir den Bus um 8 Uhr morgens ab einer Busstation etwas ausserhalb vom Stadtzentrum nehmen wollten und im Reiseführer die Wegbeschreibung lediglich „beim Verlassen der Metro rechts über die Schulter schauen, wo ein rotes Schild hängt...“ lautete, beschlossen wir, das ominöse Schild am Abend vorher zu suchen. Grundsätzlich gute Idee, wir hätten es am Morgen früh wohl wegen einer Baustelle nicht gefunden, aber schlechte Idee, wenn Banana dabei ist. Den sie wollte unbedingt an der Smartphone-Weitwurf-Weltmeisterschaft mitmachen. Natürlich mit Gurus Smartphone. Leider verlor sie. Kurz gesagt, ihr Schuh verkantete sich an einer Erhebung des Trottoirs und prompt legte sie sich flach auf den Asphalt. Gurus Smartphone, das sie in der Hand hielt, flog dabei einige Meter und schlug hart auf. Banana trug keinen Schrammen davon - Totalschaden dafür beim Telefon. Kein Lebenszeichen mehr. Wir konnten es nicht fassen! Dabei war kein Kamel weit und breit in Sicht! Stand unsere Reise unter einem schlechten Stern?

*** Zum Thema Versicherung & kaputtes Smartphone: Noch in China suchten wir vergeblich nach jemandem, der uns das Sony Xperia XZ reparieren konnte (Huawei und Apple wäre kein Problem gewesen). Da wir sowieso ein Paket voll mit Winterbekleidung zurück in die Schweiz sendeten, haben wir das Smartphone gleich beigelegt. In der Schweiz hat unser treuer Helfer das Handy sofort reparieren lassen (Danke für den Einsatz!). Mit dem Reparaturschein haben wir am 23. Juli 2019 151.95 USD von der Versicherung World Nomads zurückerstattet erhalten. Natürlich wieder abzüglich einem Selbstbehalt von 100 USD. ***

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