Tausende Buddhas und neun Drachen in Datong

Wir waren Indiana Jones und Lara Croft, als wir im strömenden Regen die 51'000 Buddhastatuen von Yungang suchten. Wegen des Regens waren die Grotten verlassen und umso spektakulärer war es, die teils stark verwitterten Höhlen zu entdecken. Die Farben, die Grösse, die vielen Details – die Grotten von Yungang toppten einfach nochmals alles, was wir bisher entdecken durften.
Sind die Grotten nicht spektakulär? Aber warum um Himmelswillen machte sich jemand die Mühe und meisselte Tausende von Buddhas in den Sandstein? Und das auf einer Länge von über einem Kilometer? Die Förderer der Yungang-Grotten waren nicht ganz uneigennützig. Nachdem die Bei Wei die Buddhisten sechs Jahre lang verfolgt hatten, unterstützen sie ab 460 n. Chr. in einem Akt der Versöhnung den Mönch Tan Yao in der Errichtung von fünf Tempeln. Da man damals einen dem Buddhismus zugeneigten Herrscher einem Buddha gleichsetzte, war es für die Herrscher umso verlockender. So gleichsetze man die ersten fünf Buddha-Statuen den fünf Bei Wei Kaisern. In den weiteren 65 Jahren wurden schlussendlich nicht weniger als 42 Grotten und 210 Nischen erschaffen. Ein einmaliges Meisterwerk der Hingabe und Beharrlichkeit.
Mit der Zeit liess der Regen nach und es trocknete wegen der warmen Luft schnell. Wir erkannten erstmals die riesige Anlage, die eigentlich auf Hunderte Besucher ausgelegt war. Es gab Pavillons, Toiletten, teure Essensstände, noch teurere Souvenir- und Spezialitätenshops und ebenfalls teure Spielbuden. Es erinnerte uns ein wenig an den Europapark. Es wirkte auf uns sehr befremdlich. Es geht hier nicht mehr wirklich um die wunderschönen Grotten. Vor allem waren viele der Grotten nicht zugänglich und uns liess das Gefühl nicht los, dass das Geld nicht in die Instandhaltung oder die weiteren Ausgrabungen floss. Wir hoffen sehr, dass die Besucher nicht zu sehr von den Verlockungen rund um die Grotten abgelenkt werden und die Magie der Grotten trotz offensichtlichen Menschenmassen bei schönem Wetter erfahren können.
Zurück in Datong-Downtown kamen wir an einigen der seelenlosen Silo-Hochhäuser für die Millionen Einwohnern vorbei. Wer sich hier lediglich als Nummer fühlt, dem kann kein Vorwurf gemacht werden.
In der Altstadt besichtigten wir noch die Neun-Drachen-Mauer. Die älteste und grösste verglaste Mauer Chinas. Der Eingang stand weit offen, da eine grosse chinesische Reisegruppe ankam, und so kamen wir ungewollt um das Eintrittsgeld, dass normalerweise erhoben wird. Zum Zwecke der Abschirmung wurde die Mauer 1392 vor einem mittlerweile zerstörten Palast gebaut und lässt einen heute erahnen, wie fantastisch der Bau einmal gewesen sein muss. Die Notwendigkeit dieses Sichtschutzes erschloss sich uns schnell, denn die Reisegruppe wuselte wie verrückt um die Mauer herum und liessen uns fast keinen Platz zum geniessen. Geniesst also die Sicht aus eurem hoffentlich ruhigen Sessel...
Um 22:31 Uhr verliessen wir Datong mit dem Nachtzug und erreichten Pingyao am nächsten Morgen um 5.52 Uhr.