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Neuntausend Kilometer weit weg in Shanghai


Shanghai war sauber, aalglatt, grün und auf modern getrimmt. Shanghai gilt in den Augen der Mitglieder des chinesischen Zentralkomitees bestimmt als die perfekte Vorzeigestadt für das moderne und westlich orientierte China trotz oder dank ihrer digitalen Diktatur. Jedenfalls wurden wir von Shanghais 27 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner nicht mehr angestarrt wie in Datong oder Pingyao und niemand wollte mehr Selfies mit uns machen. Wir fühlten uns fast ein bisschen belanglos. Scherz bei Seite, die gepflegte Metro brachte uns vom Bahnhof bequem bis zum Shanghai Rock & Wood International, ein Hostel etwas ausserhalb vom Zentrum.

Wir bezahlten 166 CHF für vier Nächte im Deluxe Doppelzimmer. Das Zimmer war gepflegt und im Hostel gab es ein gemütliches Café, wo im Teich Kois schwammen (bis auf das Essen, es war schrecklich). Ein sehr guter Deal für diese teure Stadt. Wir fühlten uns wohl und erholten uns von der langen Anreise. Am Abend erkundeten wir die Gegend rund um das Hostel. Im Norden gab es erste verglaste Hochhäuser zu sehen und ein grosses Einkaufszentrum, wo wir günstig Nudeln assen.

25. April 2019 – Der Bund & East Nanjing Road

Erst gegen Abend verliessen wir am nächsten Tag unsere Höhle. Wir hatten den ganzen Tag unsere Wäsche gewaschen (im Hostel hatte es Maschinen), im Zimmer zum trocknen aufgehängt, den Reiseführer studiert, versucht das chinesische Google zu bedienen und unseren Aufenthalt in Shanghai geplant. Als es dann Abend wurde, sehnte es uns nach Bewegung. Es zog uns nach Downtown Shanghai.

Finde die Person, die nicht am Smartphone hängt:

Wir nahmen die Metro, die uns bis ganz nah an den Bund brachte. Je näher wir uns der Uferpromenade näherten, umso voller wurde es. Es hatte viele Menschen, die genau wie wir für die Aussicht hierhin gepilgert waren. Guru hatte die Skyline schon mal gesehen, somit wusste er, was ihn erwartet. Banana hingegen war ganz aufgeregt. Wir spazierten etwas weiter der Promenade entlang. Es hatte dort weniger Menschen und als wir die Wolkenkratzer auf der anderen Seite des Huangpu-Flusses komplett sehen konnten, haute es uns fast aus den Socken. Gänsehaut. Auch der Blick auf die westliche Seite, also auf die Gebäude die entlang des Bunds stehen, war faszinierend. Es stehen dort dicht an dicht historische europäische Kolonialbauten, alle in goldiges Licht getaucht. Wir bewunderten die Landschaft, die von Menschenhand geschaffen wurde. Es waren gespaltene Gefühle.

Wir genossen die Zeit am weitesten entfernten Punkt auf unserer Reise. Banana hätte nie gedacht, dass wir es tatsächlich bis nach Shanghai schaffen würden. Ein lächerlicher Gedanke, denn für uns scheint in diesem Moment alles erreichbar zu sein. Wir versuchen unsere Familien per WeChat-Video-Call zu kontaktieren und können nur Gurus Vater erreichen. 13 Flugstunden oder auch 9'058.05 Kilometer Luftlinie trennten uns. Die Verbindung war tiptop.

Beim Rückweg gingen wir durch die East Nanjing Road, die bekannteste Shopping-Meile von Shanghai, und liessen uns von den Menschenmassen treiben.

Kleines Restaurant in Shanghai

26. April 2019 – Tian Zi Fang & Shanghai Library

Unweit des Hostels an der Nahe gelegenen Metrostation West Yan’an Road entdeckten wir die Bäckerei „Paris Baguette“. Die Kette kannten wir bereits aus Peking. Die Croissants und der Kaffee sind unglaublich gut. Lustig ist, dass es sich nicht um ein französisches Unternehmen handelt, sondern um Südkoreas führendes Bäckereiunternehmen mit über 3'000 Läden allein in Südkorea. Wir können einen Besuch nur empfehlen, vor allem wenn man sich wie wir mal wieder auf gutes Brot freut. Banana entdeckte dort auch gleich ihren Geburtstagskuchen.

Paris Baguette

Danach zog es uns in das Künstlerviertel Tian Zi Fang. Wir schlenderten durch die engen Hutongs und obwohl hier der eint oder andere Laden noch wirklich als alternatives China durchging, sahen wir auch hier die üblichen Touristenshops mit Billigkram. Wir assen die womöglich längsten Pommes von China und genossen die Zeit. Es war authentischer hier als in Pingyao oder Datong, da wir viele Einheimische sahen. Es war gut.

Wir verirrten uns unterwegs auch noch in einem riesigen Einkaufszentrum. Speziell war, dass wir in einem Stock durch etwas düstere und auf den ersten Augenblick zwielichtige Gänge kamen, die uns an Spielhöllen oder Rotlicht-Kabinen erinnerten. Es stellte sich heraus, dass es Karaoke-Kabinen waren. Einige davon besetzt, allesamt farbig und elegant eingerichtet. Wären wir eine Geburtstagsgesellschaft gewesen, hätten wir dort bestimmt auch eine Kabine gemietet.

Wir entdeckten auf dem Metroplan die Metrostation Shanghai Library. Banana hatte ein Bild einer sehr modernen Bibliothek im Kopf, leider konnten wir sie online nicht ausmachen (weil wir den VPN nicht rechtzeitig aktiviert hatten (Google Zensur!) und wir kein Mandarin können). Auf gut Glück wollten wir schauen, ob es sich dabei um die Shanghai Library handelt. Angekommen irrten wir zuerst einmal umher, den irgendwie machte sie nicht den Eindruck, als wäre dies die Bibliothek die Banana im Kopf hatte. Am Infostand konnten wir sehr einfach einen Besucherausweis machen lassen. Pass und Visum zeigen und gemacht war es. Kostenlos. Wir erkundeten die fünf Stockwerke, unzählige Zimmer und sahen Tausende Bücher. Es war spannend, die fleissigen Studenten zu beobachten. Die gesuchte Bibliothek war es aber nicht. Wir fanden später ausserhalb Chinas heraus, dass Banana die Binhai Library in Tianjin im Kopf hatte, die sich rund 1000 Kilometer weiter nördlich befindet. Trotzdem war es ein spannender Besuch gewesen.

Und zum Schluss noch einige weitere Eindrücke aus Shanghai:

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