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Das europäische Jekaterinburg in Asien & Hundeschlitten


Wir kamen spät in der Nacht oder genauer gesagt am Morgen früh um 1:15 Uhr in Jekaterinburg an. Der moderne Flughafen war verlassen. Die Luft draussen war eisig kalt, minus 13 Grad, und es lag Schnee. Zum Glück war der Weg zum Flughafenhotel Liner kurz.

Das Hotel hatten wir vorab per Mail zu einem fixen Preis von 1200 Rubel (ca. 16 CHF) für 6 Stunden für zwei Personen gebucht. Die Dame am Empfang meinte aber, dass der Preis den man uns bestätigt hatte, leider falsch sei. Der Preis den man uns offeriert hatte sei pro Person. Sie liess uns spüren, dass sie darauf beharren wollte. Die Empfangsdame unterschätzte aber, dass Banana die Diskussionen satt war. Jeder Arzt, jeder Taxifahrer, jeder Verkäufer - alle wollten diskutieren und verhandeln. Banana wollte um diese Uhrzeit aber nur schlafen und beharrte auf dem abgemachten Preis. Solange, bis die Dame nachgab und uns das Zimmer zum versprochenen Preis vermietete. Guru war es recht...

Die Nacht war kurz. Um 7 Uhr standen wir bereits wieder auf, packten unsere Rucksäcke und assen Frühstück am russischen Hotelbuffet. Eine Stunde später standen Natalya, unsere englischsprachige Führerin, und Yvan, „der Grosse“ respektive unser Fahrer, von Ural Expeditions and Tours pünktlich in der Lobby. Sie holten uns für unsere zweitätige Hundeschlitten-Tour ab.

Mit dem Bus ging es von Asien nach Europa, wobei das Uralgebirge die natürliche Grenze bildet (2500 Kilometer lang und 150 Kilometer breit). Nein, dies ist kein Schreibfehler. Wir fuhren von Asien nach Europa, da Jekaterinburg schon auf der asiatischen Seite liegt und das Camp aber noch in Europa. Somit fuhren wir entgegen unserer sonstigen östlichen Reiserichtung. Die Russen, die im asiatischen Jekaterinburg leben, fühlen sich inoffiziell aber eigentlich eher Europa zugehörig, laut unserer Führerin. Banana machte das asiatisch europäisch ganz wirr im Kopf, was Guru erstaunte, da sie sonst orientationsmässig immer den Durchblick hat.

Nach rund einer Stunde Fahrt durch verschneite russische Ortschaften, bogen wir in eine unbefestigte Strasse ein, welche von etwa einem Meter Schnee gesäumt war. Dieser Strasse folgten wir nochmals etwa zehn Minuten bis wir irgendwo im Nirgendwo und hielten an einer von Birken- und Nadelwälder umgeben Lichtung. Von dort aus kam man mit dem Auto nicht mehr weiter, trotz Spikes auf den Pneus. Es warteten Hundeschlitten und Schneemobil auf uns. Banana fuhr mit den Hunden und Guru auf dem Schneemobil weiter bis ins idyllisch gelegene Camp von Igor und seinen zwei Brüdern.

Wir waren die ersten Schweizer, die Igor in seinem Camp empfing. Es lag direkt am Chusovaya Fluss und umfasst mehrere kleine, romantische Holzhütten und eine Banya.

Am Nachmittag stand eine Fahrt mit dem Hundeschlitten auf dem Programm. Es war ein sehr warmer und sonniger Tag und der Schnee war nass. Die Hunde hatten grosse Mühe und die Besitzer definitv keine Nerven dafür. Wir beobachteten, wie die Musherin ihre Hunde immer wieder mit der geballten Faust schlug. So oft und so brutal, dass es Banana zu viel wurde und das Ganze abbrach. Wir konnten uns nun auch erklären, warum die Hunde immer zusammenzuckten, wenn wir uns ihnen näherten.

Wir erklärten unserem Guide, dass wir ein solches brutales Verhalten nicht mitansehen wollen und nicht unterstützen möchten. Sie entgegnete uns, dass sie mit dieser Musherin das erste Mal zusammenarbeite. Für uns wäre es kein Problem gewesen, hätten die Besitzer die Tour abgebrochen, weil für uns völlig klar war, dass das Wetter, die Kraft der Hunde usw. stimmen musste. Es war schlimm mit anzusehen, dass für die Besitzer die Hunde nicht an erster Stelle standen.

Einige Tage später meldete sich Ural Expeditions noch offiziell per E-Mail und man schireb, dass sie zukünftig nicht mehr mit diesem Dienstleister zusammenarbeiten werden.

Wir machten als Alternative zur Tour mit den Hunden einen Spaziergang am Fluss entlang und genossen am Abend unsere erste russische Banya.

Rund um das Camp wuchsen viele Birken und Igor kochte daraus einen sensationellen Tee. Das Rezept ist simpel: Man füge einige Stücke Birkenrinde in kochendes Wasser und lässt sie ziehen. Man kann den Tee solange aufwärmen, bis sich das Wasser pink färbt, dann sind alle guten Inhaltsstoffe verbraucht. Gemäss Igor reinigt dieser Tee von innen und in Kombination mit dem Banya fühlt man sich wie ein neuer Mensch. Wir haben es getestet und es stimmt jedes Wort. Der Tee ist köstlich und schmeckt nach purer Natur.

Nach einer ruhigen Nacht, die lediglich von Hundegeheule durchbrochen wurde, reisten wir ab und fuhren nach Jekaterinburg ins Hostel Red. Später am Abend erhielt Banana noch die letzte Tollwut-Impfung und am nächsten Tag stand bereits die Erkundung von Jekaterinburg auf dem Plan.

Jekaterinburg

Jekaterinburg, die viertgrösste Stadt Russlands, hat ein paar schöne Seiten und dank einer roten Linie, die für die Touris anlässlich der WM durch die ganze Stadt gezogen wurde, kann man sich nicht verlaufen. Sich zu verlaufen oder Abseits der grossen Strassen zu laufen, wurde uns von unserem Guide abgeraten. Zu gross sei die Kriminalität. Es trieb uns daher in die Höhe, wo wir die Grösse von Jekaterinburg erfassen konnten.

Der inmitten der Stadt gelegene See "Gorodskoy Prud" war zugefroren und wir nutzten wie die Einheimischen die Überquerung dessen als Abkürzung. Das war unsere zweite Überquerung eines zugefrorenen Sees in unserem Leben.

Überquerung des "Gorodskoy Prud"

Am Abend besuchten wir einen kleinen russischen Burgerladen. Das Essen war erneut sensationell und günstig. Ein junger Student bediente uns und freute sich sehr mit uns Englisch sprechen zu dürfen. Zu selten erhielt er dafür eine Chance, meinte er. Er übe hart mit seinem Tutor Englisch, zu schlecht sei der normale Unterricht. Nach einiger Zeit machte er uns darauf aufmerksam, dass es draussen dunkel werde und gefährlich. Wir sollen ja nicht Englisch auf der Strasse sprechen. Er habe sich mit einem Tourist gut verstanden und sei mit ihm durch das nächtliche Jekaterinburg gelaufen. Sie hätten sich auf Englisch unterhalten. Prompt wurden sie angegriffen und brutal niedergeschlagen. Er begründete den Angriff mit dem zunehmenden Misstrauen gegenüber westlichen Ländern und Menschen welche aus der Hetze in den Medien resultierte. Die daraus resultierenden Ausländerfeindlichkeit fände er schrecklich. Wir stimmten ihm zu. Auch wir kämpfen mit Vorurteilen gegenüber den Russen.

Auf dem Nachhauseweg sprachen wir jedenfalls nur noch das Allernötigste und kamen zum Glück sicher im Hostel R.E.D an.

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